Ich bin keine Waschmaschine!

Waschmaschine

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Und meine Klienten und Klientinnen sind auch keine Maschinen. Sie sind keine Autos, keine Waschmaschinen, keine Spülmaschinen. Und Gefrierschränke sind sie auch nicht!

Doch der österreichische Sozialminister scheint das anders zu sehen.

Ich habe mich geärgert. Und das kam so:

Vorige Woche veröffentlichte die OECD einen Bericht über die Arbeitszufriedenheit in den 34 OECD-Ländern. (Genaueres darüber ist hier nachzulesen.) Demnach ist in Österreich die Arbeitsbelastung, die auf den Einzelnen lastet, sehr hoch. Es gäbe einen Bedarf an Kinderbetreuungseinrichtungen, zu viele unfreiwillige Überstunden, zu viele Frauen in Teilzeitjobs. Lernmöglichkeiten und Arbeitsautonomie sind eher nicht an der Tagesordnung.

In diesem Bericht warnt die OECD Österreich vor einer steigenden Zahl von Depressionen und Burnout aufgrund dieser hohen Arbeitsbelastung.

Und was sagt die Politik dazu?

Am 4. September interviewte Manuel Marold im Ö1 dazu Sozialminister Hundstorfer und bemerkt:   “Eher skeptisch steht Minister einem Ausbau der Psychotherapie auf Krankenschein gegenüber.”
Dann hört man den Minister sprechen. Er sagt:  “Psychotherapie auf Krankenschein ist nicht die alleinige Lösung.”

Ich spitze die Ohren. Was kommt nun?

Zuerst hört man ihn lachen, den Herrn Minister, und dann sagt er: “Das muss ich schon dazu sagen:

“Psychotherapie auf Krankenschein ist eine Reparaturmedizin.”

Soso, eine Reparaturmedizin, denke ich und es ist gut, dass ich in diesem Augenblick alleine bin, weil ich manchmal sehr finster dreinschauen kann. Zum Beispiel, wenn ich solche Vergleiche höre.

Derweilen spricht er weiter, der Herr Minister. Er sagt, dass die psychisch-psychiatrischen Erkrankungsformen zunehmen.

Es ist sehr sehr gut, dass mich in diesem Augenblick niemand sieht. Ich blicke sehr finster. Sehr sehr  finster.

Denn: Diese Argumentation verstehe ich nun gar nicht mehr. Also sind die Menschen doch mehr belastet, erkranken auch an psychischen Erkrankungen – sollen aber dann doch nicht in Psychotherapie gehen, um dort Hilfe zu bekommen?

Und diese Sicht von Psychotherapie als “Reparaturmedizin” kann ich gar nicht teilen.

Vielleicht verstehen Sie, dass ich den Herrn Minister am liebsten angerufen hätte, gleich im nächsten Moment. Leider habe ich seine Handynummer nicht. Aber hätte ich ihn angerufen, dann hätte ich folgendes gesagt:

“Herr Minister, Sie irren sich!”

Ich bin keine Reparatur-Werkstätten-Meisterin. Und die Menschen, die zu mir kommen, sind keine Autos, keine Fahrräder, keine Waschmaschinen und  kaputte Motorräder sind sie auch nicht!

Wissen Sie, Herr Minister, Menschen sind Lebewesen, eher so wie Pflanzen. Wenn wir schon einen Vergleich bemühen müssen, dann vergleiche ich meine Psychotherapie-Praxis eher mit einer Gärtnerei.

In der Psychotherapie geht es um Wachstum, gute Bedingungen, Entwicklung.
Da spielt auch Zeit eine Rolle. Wissen Sie, Zeit. Ja. Und Geld spielt auch eine Rolle. Geld, das viele Menschen nicht haben. Unter diesen sind viele, die aber dringend Psychotherapie brauchen könnten. Denen Psychotherapie helfen würde. Um ihre Gedanken zu ordnen, um seelische Unterstützung zu bekommen, um Strategien zu entwickeln, wie sie mit ihren Arbeitsanforderungen in Hinkunft besser zurechtkommen. Mit Reparatur hat das alles nichts zu tun!”

Ein Sozialminister mit so einem Menschenbild, das ist irgendwie traurig, finde ich.

Und was meinen Sie?

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